Das Projekt nahm seinen Anfang 1989, war seitdem mehrmals zu einer Veröffentlichung bestimmt, unterliegt aber noch einer weiteren Bearbeitung. Nächster anvisierter Zeitpunkt für eine zusammenfassende Darstellung ist Mitte 2023. Im Institut werden bis auf weiteres keine Lehrinhalte angeboten.


Unsere Identitätsbildung ist eine stets verunsicherte, weil auch in ihrer Gefährdung erfahrene, und das setzt uns unweigerlich in eine denkerische Position zu ihr. Die menschliche Daseinssituation in und gegenüber seiner Identitätsbildung ist ein Urgegenstand der Philosophie. Sie allerdings authentisch zu erkunden, scheiterte tatsächlich immer daran, dass bestimmte Eitelkeiten, Vorlieben oder auch verdeckte Ankerpunkte der eigenen Identität wie vorbedingungshaft – das freilich nur unterschwellig – in die Auseinandersetzung mit dem Thema eingebracht wurden. Universalien, Wissensstandards, empirisch begründete Erkenntnisweisen, vermeintlich in sich gültig, waren bzw. sind jeweils schon identitätsmotiviert erschlossen, und werden, gerade auch in den Diskursen über Identität und Subjektivität, entsprechend gehändelt. Gegenwärtig versucht man das ‚Problem mit der Identität’, also dass unser Anspruch auf ein zuverlässiges Selbstgegenüber mit einer gebotenen Selbstoffenhaltung kollidiert, entweder zu diskursivieren in ein Spektrum notwendig fragmentarischer Ansätze hinein, oder etwa materialistisch der Neurobiologie und Genetik zu überantworten. Im Kern ist man dabei kaum einen Schritt weitergekommen. Im Gegenteil, das Vorbedingungshafte ist vielleicht massiver denn je gegeben, unsere vermeintlichen empirisch-interpretatorischen Besitzstände (‚Das menschliche Selbstverhältnis als Modul der Evolution’ etc.) entfalten eine Verdrängungswirkung so weit, dass es die metaphysischen Fragestellungen eigentlich gar nicht mehr geben solle. Aber es handelt sich eben nur um die aktuelle Ausprägung einer uralten Selbsttäuschung: dass man etwas Identifiziertes behandeln dürfe als bedürfte es keiner Identifizierung.


Eine neue philosophische Disziplin ist also nötig, und das sowohl verstanden als denkerische Selbstdisziplinierung wie auch durchaus als neue Stoßrichtung der Philosophie: eine des radikal uneitlen Selbstversuchs, jegliches Ichsein ausliefernd ohne es aber (schon wieder auf eine Ichseinsraffinesse hin) zu negieren. Phänomenologisch hinter die Identifikation gehen, ohne dies schon wieder als Manöver zu identifizieren. Die Identitätsphänomenologie ist somit beim Aufbau ihrer systemischen Gedanken ständig auch damit beschäftigt, vor sich selbst als aufkommendem Identitätsanker zu warnen. Sowie eine Identitätsexperten-Identität angestrebt würde, wenn auch unmerklich und uneingestanden, verlagerte sich der gedankliche Fokus wieder in genau der selben Weise, wie es dem oben angesprochenen Dilemma entspricht. Es geht also nicht darum, in gedanklichem Rückbezug auf Identitätsprozesse die Identifikation expertenhaft zu gestalten. Das letzte Verhältnis zu unserer Ichbildung lässt sich nicht professionalisieren.


Der Mensch ist in-und-gegenüber seiner Identitätsbildung verfasst, und dies führt sowohl zu den selbstanweisenden Bejahungsakten wie auch zu den reflexiven Akzeptanzen; beides ‚eingepackt’ in Selbstidentifikation, also in ein Etwas-mit-sich-Wollen. Echte Identitätsphänomenologie muss von vorneherein unter Einbezug der menschlichen Freiheit agieren. Es wird die Selbstvorfindung des Menschen nicht als Ergebnis, welches ihn sozusagen überkommt, sondern als freiheitlich (mit)gestaltete Situativität erkundet, und Freiheitseindruck, Intentionalität, Meinungsbildung von der ganzheitlichen Erlebensseite her und nicht über psycho-organische Prämissen oder neurobiologische Qualia-Abgleichungen. Unser Erleben als frei seiend ist – als Erleben - Ausgangspunkt einer Identitätsbetrachtung, die ständig darum ringt, ihren ‚Gegenstand’ nicht mit der Betrachtung zu verlieren.